Zentimetergenauigkeit mit RTK

Fragen und Erfahrungen zur Anwendung von GPS beim Wandern, Radeln, Fliegen usw.

Moderator: Roland

Antworten
Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 05.12.2011 - 18:19

Hallo allerseits,

ich bin neu im Forum, möchte aber gleich zum Thema kommen.

Ich versuche über zwei u-blox Lea-6T-Module mit der RTKLib Genauigkeiten von wenigen Zentimetern zu erhalten. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich irgendetwas grundlegendes falsch mache, oder aber RTKNavi falsch konfiguriere.

Hat jemand längere Erfahrung mit der RTKLib?
Ist es denn möglich ein GPS-Modul als statische Basisstation zu deklarieren und das andere frei zu bewegen?
Brauche ich zwingend SAPOS, EGNOS oder andere Dienste? Ich würde gerne darauf verzichten?


Beste Grüße

Karsten

Josef Gerstenberg
Beiträge: 233
Registriert: 07.09.2009 - 20:00

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Josef Gerstenberg » 06.12.2011 - 22:56

Hallo Karsten,
willkommen in der Runde.

Um auch gleich zum Thema zu kommen:

"Hat jemand längere Erfahrung mit der RTKLib?"
Ja

"Ist es denn möglich ein GPS-Modul als statische Basisstation zu deklarieren und das andere frei zu bewegen?"
Ja

"Brauche ich zwingend SAPOS, EGNOS oder andere Dienste?"
Nein

"Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich irgendetwas grundlegendes falsch mache, oder aber RTKNavi falsch konfiguriere."
Tja - man kann unedlich viel falsch machen im Leben.

Bevor ich und andere fundiert zu deinem Problem etwas sagen können, musst du berichten, was du wie bisher machst:
- Zweck
- Antennen
- Umgebung
- Basislänge
- RTKnavi-Einstellung
- usw.

Grüße Josef

Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 07.12.2011 - 10:51

Hallo Josef,

vielen Dank für die Hinweise, ich komme dem gerne nach.

Zweck:
Der langfristige Zweck ist, dass bei einer Sportveranstaltung die Positionen der Sportler am Bildschirm verfolgt werden kann. Hierfür reicht die normale GPS-Genauigkeit leider nicht aus. Momentan will ich "nur" erleben, dass Zentimetergenauigkeit möglich ist.

Antennen:
ANN-MS-0-005: http://www.microem.ru/pages/u_blox/GPS- ... -02021.pdf

Umgebung:
Ich habe auf einer Wiese getestet. Der Himmel ist fast unversperrt.

Basislänge:
Wenn du mit Basislänge den Abstand zwischen Basisstation und Rover meinst, der war rund 10m.

RTKnavi-Einstellung:
Die Einstellungen habe ich bis auf "Input" und "Positioning Mode" unverändert gelassen. Der Input-Datenstrom kommt und die Satelliten werden auch erkannt. Meistens sind jedoch nur zwei Säulen grün und die restlichen gelb oder schlimmer. Den "Positioning Mode" habe ich (unter anderem) auf Kinematik geschalten, doch es wird nur als "Single" positioniert.

Ich hoffe, die Aussagen helfen dir weiter. Hast du denn schon mit RTKLib Zentimetergenauigkeit erreicht? Kannst du mir vielleicht die dazugehörige Config-Datei zukommen lassen?


Beste Grüße

Karsten


PS: Man kann im Leben nicht unendlich viel falsch machen, da man nicht unendlich viel Zeit zur Verfügung hat.

Josef Gerstenberg
Beiträge: 233
Registriert: 07.09.2009 - 20:00

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Josef Gerstenberg » 07.12.2011 - 17:19

Hallo Karsten,

Standardabweichungen von ca. 1 cm erreiche ich mit RTKLIB immer, wenn eine FIX-Lösung berechnet wird. Das kann allerdings daueren....

Wenn du auch über mehrere Stunden immer nur zwei Satelliten mit einem SNR >= 45 dBHz (Balken grün) empfängst,
dann stimmt etwas mit deinen Antennen nicht:
- Antennenkabel verlängert?
- Steckverbinder / Lötstellen OK?
- Antennen zu niedrig angeordnet?
- Antennen lokal abgeschattet (Körper)?

Versuch erst einmal, eine stabile Single-Lösung bei beiden Empfängern hin zu bekommen.
Vorher wird mit RTK nix.

Gruß Josef

Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 07.12.2011 - 17:50

Hallo Josef,

was meinst du mit stabiler Single-Lösung? Die Single-Lösung, die ich bisher erhielt hatte eine geschätzte Standardabweichung von 1m.

Die Antennen waren mit dabei, ich habe weder verlängert, noch verlötet, nur angeschraubt.

Ich werde es morgen nochmal mit einer höheren Antennenposition samt Abschirmung nach unten probieren.


Beste Grüße

Karsten

Josef Gerstenberg
Beiträge: 233
Registriert: 07.09.2009 - 20:00

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Josef Gerstenberg » 07.12.2011 - 23:44

Hallo Karsten,

mit stabil meine ich, dass eine Single-Lösung ständig vorhanden ist und der SNR der Satellitensignale im normalen Rahmen liegt.
4-6 der Satellitensignale sollten bei uns im Freiland im Mittel mit mehr als 45 dBHz empfangen werden.

Wenn ich messe, beträgt die Antennenposition i.d.R. 1,5m über Grund.

Eine simple große Abschirmung einer Antenne nach unten ist heikel.
Ein großes Blech, wie oft empfohlen, verstimmt die Antenne und mindert kaum den Multipath von unten.
Für die ublox-Antenne mach mal ein Blech 5*5 bis 7*7 cm, wobei rund für RTK vermutlich besser ist.
Besser wäre ein Chokering drumrum: http://www.kowoma.de/gpsforum/viewtopic.php?f=4&t=3231

Gruß Josef

PS "Man kann im Leben nicht unendlich viel falsch machen, da man nicht unendlich viel Zeit zur Verfügung hat."
Das ist ein wunderbarer Spruch, über den man sowohl nachdenken als auch lachen kann.
Stammt der von Platon oder Sokrates?

Josef Gerstenberg
Beiträge: 233
Registriert: 07.09.2009 - 20:00

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Josef Gerstenberg » 08.12.2011 - 22:03

Karsten,
hast du die Koordinaten der Basis-Station in RtkNavi eingetragen?
Gruß Josef

Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 09.12.2011 - 09:52

Hallo Josef,

ich bin gestern leider nicht zum Testen gekommen, und auch heute wird es wohle eher nichts.

Ich habe die Koordinaten der Basisstation nicht eingetragen. Wie genau müssen die Koordinaten sein?


Ciao

Karsten

Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 09.12.2011 - 09:58

Josef Gerstenberg hat geschrieben:PS "Man kann im Leben nicht unendlich viel falsch machen, da man nicht unendlich viel Zeit zur Verfügung hat."
Das ist ein wunderbarer Spruch, über den man sowohl nachdenken als auch lachen kann.
Stammt der von Platon oder Sokrates?
Danke für die Blumen, aber der Spruch ist kein Zitat, sondern nur eine Erwiderung.

archie
Beiträge: 32
Registriert: 11.04.2010 - 14:55

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von archie » 09.12.2011 - 10:08

Hallo Karsten.

Eingeben kannst du die Koordinaten der Basis In RtkNavi unter Options/Positions/Base Station.
RTCM Antenna Position wird gewählt wenn du ein Basis benutzt die RTCM 2 oder 3 sendet.
Die andere drie Möglichkeiten kannst du für die eigene Basis verwenden, das entsprechende Format musst du eingeben.

Gruße Pieter

Josef Gerstenberg
Beiträge: 233
Registriert: 07.09.2009 - 20:00

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Josef Gerstenberg » 10.12.2011 - 21:35

Hallo Karsten,

in den neueren Versionen von RTKLIB reicht es, die mit einer Single-Lösung (per Pseudorange) berechneten Koordinaten der Basisstation in RTKLIB einzutragen,
um eine stabile Static- oder Kinematic-Lösung zu erlangen.
Allerdings werden dann bei einer Static- oder Kinematic-Lösung (per Trägerphase) nur die Strecken zur Basisstation präzise berechnet.
Du erhältst dabei also keine zentimetergenauen absoluten Koordinaten des Rovers, sondern nur präzise Abstände zur Basisstation.

Gruß Josef

Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 12.12.2011 - 13:36

Hallo ihr beiden,

ich habe es nun endlich auch geschafft einen RTK-Fix zu bekommen und es sieht sehr schön aus, zwar wandert die Position um zwei Zentimeter, aber es ist dennoch weit genauer, als alles, was ich bisher gesehen habe.

Für alle, die das gerne nachvollziehen wollen:

I. Die Position der Basis feststellen
1. Input Streams -> "(1) Rover" = <Basis-Schnittstelle>
2. Options -> Setting1 -> "Positioning Mode" = Single
3. Start
4. Plot...
5. Wenn sich die Position halbwegs stabil hält, die Koordinaten notieren (Bildschirmkopie)

II. Basis und Rover gemeinsam nutzen
1. Input Streams -> "(1) Rover" = <Rover-Schnittstelle>
2. Input Streams -> "(2) Base Station" = <Basis-Schnittstelle>
3. Options -> Setting1 -> "Positioning Mode" = Kinematic
4. Options -> Positions -> "Base Station" = "Lat/Lon/Height (deg/m)" + <Basis-Position>
5. Start
6. Plot...
7. Genießen


Wie weit dürfen denn Basisstation und Rover voneinander entfernt sein, um weiterhin ähnliche Ergebnisse zu erhalten?


Beste Grüße

Karsten

ssquare_de
Beiträge: 671
Registriert: 07.10.2006 - 16:23

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von ssquare_de » 12.12.2011 - 15:13

Hallo Karsten,


bei gutem Empfang beider Stationen ( unterbrechungsfrei, gute Rundumsicht, dauerhaft >5-6 Sats...) darfst du schon mit gut 6-15km Basislinie rechnen.
Je länger die Basislinie ist, umso länger wird eben auch die Initialisierungszeit werden, d.h. die Zeitspanne, bis RTKLIB eine "Fixed Position" berechnen kann.



Stefan

Karsten
Beiträge: 7
Registriert: 05.12.2011 - 18:08

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Karsten » 13.12.2011 - 16:05

Hallo allerseits,

meine Position schwankt nur um ein paar Millimeter, aber ich habe eine Drift drin (1cm/min). Ich habe immer wieder andere Umgebungen und Grundplatten ausprobiert, würde aber gerne zielgerichteter rumprobieren. Was beeinflusst die Positionierung über RTK denn besonders stark? Hilft es nur die Basis-Antenne aufzumotzen, oder muss die Rover-Antenne auch mitziehen?

Ist die verwendete Antenne denn überhaupt geeignet? http://www.microem.ru/pages/u_blox/GPS- ... -02021.pdf

Beste Grüße

Karsten

Josef Gerstenberg
Beiträge: 233
Registriert: 07.09.2009 - 20:00

Re: Zentimetergenauigkeit mit RTK

Beitrag von Josef Gerstenberg » 13.12.2011 - 22:14

Hallo Karsten,

herzlichen Glückwunsch zum ersten RTK-Fix!

Das mit der Drift verstehe ich nicht.
1cm/min würde ja bedeuten, dass nach einer Stunde ein Positionsfehler von 60 cm vorhanden wäre.
Ist das wirklich so?

"Was beeinflusst die Positionierung über RTK denn besonders stark?"
Von der Sonnenaktivität bis zur Intelligenz und Bildung des Anwenders fast alles :-)

Konkreter:

- Die durch 2 Antennen erzeugten Pseudofehler addieren sich oder gehen mit der Wurzel aus den Einzelpseudofehlern in den gesamten Pseudofehler ein.
Je nachdem, ob es abhängige oder unabhängige Fehlerquellen sind.
Resume: Es lohnt sich kaum, bei einer autonomen Anwendung nur viel Geld für die Antenne der Basisstation auszugeben.

- Bei einfachen keramischen Patch-Antennen wie der ANN von ublox ist eine große Groundplane von Nachteil.
Ein Blech 5*5 bis 7*7 cm, rund oder quadratisch, ist gut. Wobei eine runde Groundplane theoretisch besser sein sollte.

- Die von dir verwendeten billigen Antennen (ANN von ublox) sind unter optimalen Bedingungen durchaus gut geeignet.
Im Gegensatz zu den (teuren) geodätischen Antennen empfangen sie jedoch sehr viele (gespiegelte) Signale von unten.
Das führt z.B. dazu, dass bei feuchtem bis nassem Boden (der die GSP-Signale gut spiegelt), ein RTK-Fix schwierig bis unmöglich wird.

Soweit dazu..
Gruß Josef

Antworten