Bezugssysteme für GNSS

Fragen und Erfahrungen zur Anwendung von GPS beim Wandern, Radeln, Fliegen usw.

Moderator: Roland

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ssquare_de
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Bezugssysteme für GNSS

Beitrag von ssquare_de » 09.01.2014 - 20:02

Hallo,

zum Einlesen und fürs bessere Verständnis erstmal ein wenig halbwegs aktuelle Lektüre:
http://www.gib.uni-bonn.de/mitarbeiter/ ... ka_dvw.pdf
http://www.dvw.de/sites/default/files/m ... GNSS_0.pdf

und speziell für EGNOS (SBAS)
http://geodesy.unr.edu/hanspeterplag/pu ... _egnos.pdf
http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fak ... %20ppp.pdf


Soweit zunächst mal die Theorie.
Aber in der Praxis stellt sich doch früher oder später die Frage ein: wie genau ist nun das Equipement?!?

Dazu folgt hier in den nächsten Tagen mehr...und vor allen Dingen Handfesteres.... sozusagen das Extrakt aus obigen Links
:wink:


Stefan

ssquare_de
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Re: Bezugssysteme für GNSS

Beitrag von ssquare_de » 10.01.2014 - 13:01

Weiter gehts...

Will man die Genauigkeit seiner Ausrüstung testen, brauchts zunächst eine Referenz für den Raumbezug.

Das kann ein Trigonomischer Punkt (TP) der Vermessungsämter sein, dessen Koordinaten idealerweise schon mit GNSS-Verfahren augenommen/überprüft wurde.
In Bayern beispielsweise haben die staatlichen Vermessungsbehörden damit begonnen, öffentlich zugängige Punkte, sogenannte " geodätische Referenzpunkte" einzurichten und zu dokumentieren.
http://vermessung.bayern.de/grundlagenv ... punkt.html

Besitzt man einen der Low-Cost- Empfänger mit Rohdatenausgabe, kann man sich die Referenzpunkte mit Hilfe SAPOS selbst errichten, da die RTK- oder postprozessierte Lösung auch im amtlichen Bezugssystem ETRS89/DREF91 vorliegt.

Positioniert man nun seinen GPS-Empfänger (WGS84) über der Referenzmarke, sollte die angezeigte Position 2014 rund 62-64cm in Nordöstlicher Richtung von der ETRS89-Vermarkung liegen.

Als Faustformel kann man für Mitteleuropa und entsprechend der Genauigkeit eines autonomen GPS/SBAS-Gerätes für die zeitliche Positionsverschiebung, die sich aus der Plattentektonik ergibt, folgendes ansetzen:
Messzeitpunkt (YYYY) - 1989 x 1,6cm = Verschiebung in nördliche Richtung
Messzeitpunkt (YYYY) - 1989 x 2,0cm = Verschiebung in östliche Richtung
Messzeitpunkt (YYYY) - 1989 x 0,0cm = Verschiebung in der Höhe


Beispiel:
Ein Referenzpunkt ist im ETRS89 gelagert.
Dann sollte das GPS idealerweise eine Position rund 50cm östlich und rund 40cm nördlich von der vermarkten Position vermelden.
Oder anders herum:
Ich suche mit meinem Gerät bewaffnet eine vermarkte Position (ETRS89), dann halte ich mich bei " Punktlandung " mit meinem Gerät rund 50cm nach Westen und 40 cm in südliche Richtung.

Das selbe gilt auch bei aktiviertem EGNOS, da das EGNOS-Referenzsystem sich nur im Subdezimeterbereich (<5cm) vom aktuellem WGS84 unterscheidet.
(aktuelles WGS84 (G1674): http://www.oosa.unvienna.org/pdf/icg/20 ... WGS_84.pdf
Die Differenzen gehen in der Positionspunktewolke eines autonom laufenden GPS-Empfängers unter und spielen somit für die Beurteilung der Gerätegenauigkeit keine Rolle.
Bemerke ich beim EIN/AUS-Schalten des SBAS-Systems eines in Ruhe befindlichen Empfängers eine Positionsverschiebung, ist diese fast ausschliesslich den Segnungen der Korrekturdaten des SBAS-Systems geschuldet.
Der Wechsel des Bezugssystems macht höchstens die schon erwähnten 5cm aus.

Will man diesen shift auch herausrechnen, muss man sich über eine 14-Parametertransformation hermachen.
Da sag ich nur: " Shift happens" , die Transformation ist aber momentan meine Sache noch nicht.
:wink:



Stefan
Zuletzt geändert von ssquare_de am 10.01.2014 - 16:16, insgesamt 3-mal geändert.

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Re: Bezugssysteme für GNSS

Beitrag von Taurus » 10.01.2014 - 15:20

Guter Beitrag, ssquare!

hast du auch was zur Veränderung in der Höhe?

Taurus

ssquare_de
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Re: Bezugssysteme für GNSS

Beitrag von ssquare_de » 10.01.2014 - 16:03

Hallo Taurus,


na klar und sorry, dass ich die Höhenkomponente oben vergessen hatte.
Die ist aber auch mit 0,0 cm zum Vergessen!
Im Ernst:

Messzeitpunkt (YYYY) - 1989 x 0,0cm = Verschiebung in der Höhe
--> kann man also, Gott sei Dank, ausblenden.

Übrigens: diese Faustformeln sind das Ergebnis einer kurzen Mail-Korrespondenz von vor einigen Monaten mit einem auf diesem Gebiet durchaus sehr renommierten Prof. aus Dresden.
Kann ich also guten Gewissens unterschreiben!
:wink:


Stefan

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